Gaming Lifestyle: Nintendo Wall Sticker im Test

Glücklicherweise sind die Jahre, in denen erwachsene Videospielfans von der Gesellschaft als Spinner belächelt wurden, endgültig vorbei. Doch der Sprung aus dem düsteren Reich der Subkultur in die grelle Öffentlichkeit bringt neue Probleme mit sich. Pokémon-Plüschtiere, Final Fantasy Poster, limitierte Editionen von Games und jede Menge anderer lustiger Krimskrams steht in den Zocker-Buden der Nation herum und will von Besuchern bestaunt werden. Wie kann man sich in einer solchen Welt bloß von der breiten Masse abheben und allen klar machen, dass man der größte Freak im Lande ist? Eine ganze Wand mit einem 8-Bit-Design zu veredeln ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung. Wie das geht, erfahrt ihr in unserem Special.

Bild_2.jpgSeit 2002 stellt die amerikanische Firma Blik so genannte removable surface graphics her. Im Grunde handelt es sich dabei um Aufkleber für Wände. So simpel sich diese Idee anhört, so genial ist sie. Im Gegensatz zum Tapezieren erfordert das Aufbringen der Sticker nicht viel Vorwissen und die Methode erlaubt dem Heimwerker viele Freiheiten bei der Gestaltung seiner großen freien Flächen. Nach einem Jahr harter Verhandlungen mit Nintendo ist es Blik gelungen, einen Deal an Land zu ziehen, der die Herzen echter Fans von Oldie-Games höher schlagen lässt. Super Mario Bros. und Donkey Kong, die beiden Mega-Hits der NES-Ära, stehen bereit, um die Langeweile von den Wänden zu vertreiben. Besonders erfreulich ist, dass kein langes Warten auf ein Paket aus dem fernen Kalifornien nötig ist, um in den Besitz der herrlich abgedrehten Produkte zu kommen. Auch in Deutschland sind die Blik-Produkte erhältlich und innerhalb weniger Tage lieferbar.

Ich musBild_1.jpgs zugeben, dass mich der Preis von knapp 60 Euro für einige Sekunden abschreckt. Doch nachdem ich die Beispielbilder im Internet sehe, muss ich dann doch zuschlagen. Ein Set würde zwar ausreichen, um eine simple Szene aus dem Spiel nachzustellen, aber ich denke mir: “Wenn schon, dann richtig!“ und bestelle direkt zwei Kartons. Drei Tage später überreicht mir der Paketbote die Objekte meiner Begierde und beim Öffnen fühle ich mich ein wenig wie ein Kind am Weihnachtsabend. Die Erwartungen werden nicht enttäuscht, denn pro Set finde ich drei große Bögen mit allerlei Objekten, die ich seit Mitte der 80er-Jahre ungefähr so gut kenne wie mein eigenes Gesicht im Spiegel. Zwei Varianten von Mario, ein Luigi, eine Piranha-Pflanze, zwei Schildkröten, zwei Goombas, einige Hintergrundelemente und viele unterschiedliche Blöcke sind in jedem Karton vorhanden. Das alles lädt zum sofortigen Losbasteln ein, doch ganz so schnell darf ich leider nicht an die Aufkleber.
 

Bevor die körperliche Arbeit beginnt, müssen die grauen Zellen etwas strapaziert werden. Auch in der Kurzanleitung steht, dass Planung extrem wichtig ist, wenn das Projekt Wandverschönerung gelingen soll. Einige Grenzen sind der Fantasie natürlich durch die Anzahl und das Design der Wall Sticker gesetzt. Ein Endkampf mit Bowser lässt sich aufgrund der Abwesenheit der legendären Boss-Kröte beispielsweise nicht in Szene setzen und auch die Untergrund-Levels würden ohne graue Blöcke nicht authentisch aussehen. Da es mir besonders wichtig ist, einen Levelausschnitt zu basteln, der möglichst nah am Original ist, berechne ich zunächst die passende Größe. Mein Lehrer aus der siebten Klasse hat am Ende mit seinem Spruch “Mathematik braucht man ständig im Leben!“ doch Recht behalten. Gerade mal 20 Jahre nachdem die weisen Worte verklungen sind, muss ich tatsächlich den Taschenrechner bemühen, um mit Hilfe eines Screenshots von Super Mario Bros. und den Maßen eines Aufklebers die Breite und Höhe meines zukünftigen Bildes zu bestimmen. Nach wenigen Tagen komme ich auf 3,40 mal 2,55 Meter und die Probe bestätigt, dass es sich dabei tatsächlich um das gute alte 4:3-Verhältnis handelt.

 

Natürlich wäre es auch möglich gewesen, ein 16:9-Format zu wählen oder einen größeren Spielabschnitt über mehrere Wände zu verteilen, doch ich mag es nun mal klassisch. Und weil das so ist, fahre ich in den nächsten Baumarkt, um mir das passende Blau für den Hintergrund mischen zu lassen. Anhand der kleinen Musterkarten stelle ich fest, dass Mario in einer Welt lebt, in der “Karibik-2“ die Farbe des Himmels ist. “Das dauert aber zehn Minuten.“ sagt der junge Mann hinter dem Tresen, worauf ich antworte: “Gut, dann starre ich sie so lange an.“ Der Witz wird nicht als solcher erkannt und darum nutze ich die Zeit, um eine Farbrolle, zwei Pinsel und Malerkrepp in meinen Wagen zu legen.
 

Bild_4.jpgWieder zu Hause angekommen lege ich sofort los. Schnell ist die passende Fläche abgeklebt und das Streichen geht mir auch deutlich leichter von der Hand als erwartet. Nach gut einer Stunde ist alles blau und ich freue mich darauf, am nächsten Tag mit dem Kleben anfangen zu dürfen. Beim Frühstück studiere ich erstmals ernsthaft die beiliegende Anleitung und verschlucke mich vor Schreck an meinem Kaffee. Da steht doch tatsächlich, dass frische Farbe zwei Wochen benötigt, um komplett zu trocknen. Und als wäre diese Hiobsbotschaft nicht genug, lese ich auch noch die Worte “smooth surface“, was sich mit glatte Oberfläche übersetzen lässt. Da überall in meiner Wohnung Raufasertapete klebt, die ich im Laufe der Jahre mehrmals übergestrichen habe, bin ich jetzt schwer verunsichert. Die nächsten drei Abende verbringe ich damit, sehnsüchtig auf die Karibik-2-farbige Wand zu schauen und höre dazu The Waiting (Is The Hardest Part) von Tom Petty. Zum Glück fällt mir dann aber doch etwas ein, womit sich die Zeit totschlagen lässt. Ein schwarzer Rahmen würde dem Gemälde ein wenig Fernseh-Atmosphäre verleihen. Also wieder ab in den Baumarkt…
 

Nach einer Woche entscheide ich, dass höchstens Shaolin-Mönche mehr Geduld aufbringen können und beginne endlich mit dem spaßigen Teil meines Projektes. Eine zweite Bestandsaufnahme ergibt, dass ich stolzer Besitzer von insgesamt 16 Bodenblöcken bin. Das hört sich zwar nach einer ganzen Menge an, aber um meinem Anspruch nach höchstmöglicher Authentizität gerecht zu werden, müssen die Dinger leider doppelt verlegt werden. Bei einem derartig verschwenderischen Umgang mit dem Bastelmaterial ist es zwangsläufig nötig, dass große Lücken eingebaut werden.

 

Ich habe keine Skizze angefertigt, aber einen groben Plan im Kopf. Natürlich ist die Aussicht möglichst viele Objekte anzubringen sehr verlockend. Mario und Luigi, die umgeben von Pilzen, Sternen und Münzen gemeinsam gegen ein halbes Dutzend Gegner antreten sähen sicherlich beeindruckend aus. Doch eine solche Situation hat es im Spiel nie gegeben und ich will vermeiden, dass mein Enthusiasmus mit Unkenntnis der Materie verwechselt wird. Also lasse ich Zurückhaltung walten.
 

Bild_6.jpgWeiterhin erweist sich die Arbeit als sehr einfach. Da die gute alte 2D-Welt nicht sonderlich komplex gestaltet war, reicht es meistens aus, die Position eines Blocks mit Zollstock und Lineal auszumessen, um auch die nächsten drei bis vier Elemente aufkleben zu können. Die Bastelaktion macht jetzt tatsächlich richtig viel Spaß und es ist ein angenehmes Gefühl, die eigenen Kindheitserinnerungen in überproportionaler Größe wachsen zu sehen. Meine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten sich nicht. Die Aufkleber lassen sich problemlos auf einer Raufaser-Tapete anbringen. Obwohl das Material dünn und flexibel genug ist, um sich der Struktur der Wand perfekt anzupassen, schimmert die Farbe des Hintergrundes nicht durch. Der im Vorfeld sorgfältig abgeklebte schwarze Rahmen ermöglicht es mir, die 2D-Steine in Rekordzeit aufzukleben. Ein einziges Mal passe ich nicht genau auf und muss nachbessern. Das Werbeversprechen bewahrheitet sich. Der Sticker lässt sich tatsächlich ohne große Mühe abziehen und neu positionieren.

Ein letzter kritischer Augenblick stört meinen schönen Abend leider noch. Wenn sich die Rückseite einer Folie an zwei Stellen berührt, ist das gute Stück aufgrund der extremen Klebekraft schnell ein Fall für die Mülltonne. Die Form des Piranha-Pflanzen-Stickers (Wow, das Wort tippt man wirklich selten!) beschwört dieses Unheil geradezu herbei und auch ich kann mich nicht dagegen wehren. Ein zweites Paar Hände hätte hier viel geholfen. Gegen jede Wahrscheinlichkeit gelingt es mir dann aber doch den Fiesling zu retten und der unvermeidliche Mini-Riss ist am Ende mit bloßem Auge nicht zu erkennen.
 

Am Sonntagabend sitze ich zufrieden vor meinem Meisterwerk, das sogar noch besser aussieht als erwartet. Lediglich die starke Reflektion der Folie fällt bei bestimmten Blickwinkeln unangenehm auf, aber daran lässt sich mit ein wenig Feintunig der Zimmerbeleuchtung sicherlich noch etwas machen. Ich schütte mir ein Glas Cherry Coke ein und bin etwas traurig darüber, dass ich keinen Raider-Schokoriegel habe, um die 80er-Jahre-Atmosphäre perfekt zu machen. Aber egal, es wird Zeit für die Kostenrechnung:

2 Blik Super Mario Bros. Sets - € 119,80
1 Liter Genius Pro Farbe Karibik-2 - € 10
1 Liter Genius Pro Farbe Toulouse-3 - € 10
1 Farbrolle - € 9,95
2 Pinsel - € 4
1 Rolle Malerkrepp - € 1,99
circa 3,5 Stunden Arbeit - unbezahlbar


Der komplette Spaß in der hier gezeigten Form hat also 155,74 Euro gekostet. War es das wert? Meiner Meinung nach auf jeden Fall! Außerdem habe ich noch jede Menge Material übrig und könnte theoretisch auch meine Türen damit verschönern. Aber eventuell entwickelt sich ja noch ein Tauschmarkt für die überschüssigen Teile im neXGam-Forum. Wer durch das Lesen unseres Specials auf den Geschmack gekommen ist, sollte unbedingt mal in den Shop von getDigital gucken. Neben den Wall Stickern hat der Shop noch diverse andere lustige Produkte für Videospiel- und Technik-Freunde im Angebot. Vom animierten Pong-T-Shirt bis hin zur leuchtenden Space Invaders-Fußmatte gibt es auf den Seiten viel zu entdecken.

 

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Fazit:
Der Spaß ist nicht ganz billig, doch das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen. Selbst handwerklich unbegabte Hände können mit der Blik-Methode die guten alten NES-Zeiten in Übergröße erneut zum Leben erwecken. Wer sich als Mario-Fan outen möchte und über das nötige Kleingeld verfügt, darf also zuschlagen. Noch beeindruckender kann man der Welt die eigene Videospielmacke kaum mitteilen. Ich denke bereits darüber nach eine weitere Wand in Donkey Kong Optik zu gestalten. Eventuell warte ich auch auf das bereits angekündigte Mega Man Set. Oder ich lasse von einem Gärtner den großen Busch im Garten zur Master Chief Statue umfrisieren…

 

Update:

Mehr als 1,5 Jahre sind vergangen, seit dieses Special geschrieben wurde. Ich bin mit den Wall Stickern weiterhin sehr zufrieden. Obwohl meine Wand nicht die optimalen Bedingungen bietet, musste ich noch keinen einzigen Aufkleber austauschen. An einem besonderes warmen Tag mit hoher Luftfeuchtigkeit haben sich zwei Folien an ihren Rändern gelöst, aber die Klebekraft wurde nicht beeinträchtigt. Nach nur einem Handgriff war alles wieder perfekt. Dass es sich bei den Blik-Stickern um Qualitätsprodukte handelt, konnte ich inzwischen durch den Kauf eines ähnlichen Artikels überprüfen. Ein großer Raving Rabbids-Aufkleber ließ bereits nach wenigen Wochen die Ohren hängen und musste mit doppelseitigem Klebeband verstärkt werden. Solche Reparaturen waren an der Mario-Wand nie nötig.

Positiv

  • Kaum handwerkliches Geschick nötig
  • Offizielle Lizenz
  • Gute Qualität

Negativ

  • Ein Set reicht nicht für vollständige Szene
  • Manche Wänder eignen sich besser als andere
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