Conflict: Global Storm im Test

PlayStation2
Wenn man in der Videospielabteilung eines großen Kaufhauses steht, hat man manchmal Angst zu blinzeln. In dem Sekundenbruchteil temporärer Blindheit könnte man nämlich die Ankunft einer ganzen Ladung neuer Taktik-Shooter verpassen, die dann plötzlich im Regal stehen. Nie zuvor wurden mehr Spezialeinheiten in virtuelle Kriege geschickt, um für Ruhe und Ordnung auf unserem Planeten zu sorgen. Es ist natürlich schön eine große Auswahl zu haben, aber inzwischen wirkt der Markt doch ziemlich übersättigt. Terroristen sind offensichtlich die Space Invaders der Neuzeit und blasen systemübergreifend in immer neuen Wellen zum Angriff. Auf der PS2 stellt sich nun das legendäre Team Red wieder einmal der Gefahr und versucht im vierten Teil der Conflict-Reihe den Fieslingen Einhalt zu gebieten.

Weltenretter in Aktion. Diesmal ballert sich Team Red über den ganzen Globus.

“Ich liebe es wenn ein Plan funktioniert!“ Genau diesen Satz des A-Team-Chefs Hannibal Smith will Bradley, seines Zeichens ebenfalls Anführer einer Spezialeinheit, nach einem nächtlichen Fallschirmsprung in feindliches Gebiet gerade von sich geben, als er merkt, dass überhaupt nichts nach Plan gelaufen ist. Die vier Beschützer der westlichen Welt sind direkt in eine Falle getappt, denn am Boden werden sie bereits von einer schwer bewaffneten Einheit der Terrorgruppe “March 33“ erwartet. Unsere gut geschulten Helden erkennen die aussichtlose Situation und ihnen bleibt nichts anderes übrig, als die Hände über den Kopf zu nehmen und brav in die Basis der Bösewichte zu marschieren, wo sie bereits von ein paar freundlichen Verhörexperten erwartet werden. Nach einem zeitlich nicht näher benannten, aber sicherlich wenig entspannenden Aufenthalt gelingt es einem der Männer, seinen Bewacher zu überwältigen. Schnell sind auch die restlichen Mitglieder des Team Red befreit und der Kampf gegen den Terror kann wieder beginnen.


Frauenpower. Diese junge Dame füllt im späteren Spielverlauf die Lücke, die durch die Gefangennahme eines der Originalmitglieder entsteht.

Was die Story angeht, zeigt sich der neueste Teil der Conflict-Saga durchaus bemüht, abwechslungsreicher zu sein als die Konkurrenzprodukte und die eigenen Vorgänger. Ausnahmsweise orientiert sich dieses Game mal nicht am aktuellen Weltgeschehen, sondern befördert den Zocker in eine nahe und rein fiktive Zukunft. Die Fieslinge sind diesmal weder religiös verblendete Fundamentalisten aus den Golfstaaten noch vietnamesische Kommunisten. Ein international agierender Ring von Neonazis mit Tausenden von Mitgliedern ist der Gegner unserer vier Helden und gleichzeitig der Anlass für den Besuch vieler verschiedener Länder. Es ist durchaus angenehm, nicht mehr auf die Wüstenlandschaften aus Conflict: Desert Storm oder die Dschungel-Hölle aus Conflict: Vietnam beschränkt zu sein, sondern ein breiteres Spektrum an Schauplätzen bereisen zu dürfen. Obwohl die Geschichte nicht sonderlich viel Tiefgang besitzt, wird dank spannender Zwischensequenzen und ausreichender Charakterisierung der Protagonisten genug getan, um den Zocker während der 14 Missionen bei Laune zu halten.

Selbst für einen Taktik-Shooter ist die Steuerung extrem komplex. Gleich zwei Tutorials stehen zur Verfügung, um den Spieler in die Feinheiten des Games einzuweihen. Es scheint einen geheimen Programmierer-Wettkampf zu geben, in dem es das Ziel ist, so viele Aktionsoptionen wie möglich in ein Spiel zu integrieren, ohne dabei auch nur einen Gedanken an den praktischen Nutzen zu verschwenden. Augenblicklich liegen die Macher von Global Storm ganz weit vorn und es würde mich wundern, wenn sie in diesem Jahr noch von der Spitzenposition verdrängt werden würden. Das Waffenarsenal ist groß und viele der Vernichtungswerkzeuge verfügen über mehrere Feuermodi, die eingestellt werden können. Laufen, Schleichen, Kriechen, seitlich hinter einer Deckung hervorgucken, das Wechseln zur Thermal- oder Nachtsicht, das Werfen von Handgranaten und das Legen von Sprengsätzen mit unterschiedlichen Zündungsmechanismen wären dank diverser notwendiger Tastenkombinationen schon genug, um Genre-Neulinge völlig zu überfordern, aber dieses Spiel geht noch einen großen Schritt weiter.


Eine gute Ausrüstung ist immer hilfreich. Nachtsichtgeräte gehören selbstverständlich zum Standardinventar jeder guten Spezialeinheit.

Man darf eine Vielzahl von Befehlen erteilen, um das volle Potential der virtuellen Mitstreiter zu entfalten. Auch hier ist nahezu alles möglich. Selbst mehrere Kommandos können nacheinander gegeben werden, und sind anschließend zu einem bestimmten Zeitpunkt auslösbar. Solche Aktionen mögen sich zwar für extrem pedantische Taktiker sehr verlockend anhören, aber die Planung und Durchführung nimmt so viel Zeit in Anspruch, dass man im eigentlichen Spiel kaum versucht ist, zu solchen Mitteln zu greifen. Es dauert eine kleine Ewigkeit bis die Grundlagen der Steuerung verinnerlicht sind und wenn es so weit ist, gibt es eigentlich keinen Bedarf mehr die Feinheiten zu erlernen. Die Controllerbelegung hätte einfach besser durchdacht und vereinfacht werden müssen. Lehnt man sich beispielsweise mit einem Scharfschützengewehr zur Seite und will anschließend ein Ziel in weiter Ferne anvisieren, stellt man erstaunt fest, dass man einen Daumen zu wenig an der linken Hand hat. Das lässt sich zwar durch eine andere Reihenfolge der Aktionen umgehen, ist aber ein klares Indiz für eine überladene Steuerung.



Dieser Terrorist wird wohl keine Geheimnisse mehr preisgeben. Vielleicht hätte unser Held erst fragen und anschließend ballern sollen...

Seltsamerweise bemerkt man während der Einzelspieler-Missionen schnell, dass es nur selten notwendig ist, das Befehlssystem mit all seinen Möglichkeiten voll auszunutzen. Im Gegensatz zu vielen anderen Genrevertretern darf man nämlich die Steuerung jedes einzelnen Mitglieds der eigenen Truppe übernehmen. Immer wieder entpuppt sich diese Vorgehensweise als viel einfacher, schneller und effektiver als tatsächlich Kommandos zu erteilen. Obwohl die künstliche Intelligenz im Vergleich zu den Vorgängern verbessert wurde, beschränkt sich die Taktik der Terroristen noch immer viel zu oft darauf, direkt auf die eigenen, nicht viel besser agierenden Spielfiguren zuzulaufen und loszuballern. Man beobachtet zwar von Zeit zu Zeit einen Feind, der verletzt Deckung sucht, aber solche und ähnliche schlaue Aktionen sind noch immer eher die Ausnahme. Was der Feind an strategischem Geschick vermissen lässt, macht er durch reine Masse wieder wett. Wenn der Abspann über den Bildschirm flimmert, hat man gemeinsam mit seinen computergesteuerten Kameraden weit über 1000 Terroristen in eine bessere Welt geschickt. Zusammenfassend lässt sich also sagen: Das Leveldesign ist eindeutig auf direkte Action ausgelegt und eigentlich hätte eine geradlinige Steuerung der Marke Time Splitters 3 völlig ausgereicht, um die Herausforderungen zu meistern.

Endlich haben auch die Macher der Conflict-Serie die Zeichen der Zeit erkannt und sowohl einen Online-Modus über den GameSpy-Service als auch LAN-Unterstützung in ihr neuestes Werk integriert. Besonders letzteres ist auf der Sony-Konsole eine Seltenheit und trägt dazu bei, dass dieses Spiel für gesellige Ballerfreunde äußerst interessant ist. Natürlich kann man auch im Splitscreen miteinander zocken, aber weitaus mehr Spaß bringt es, wenn jeder vor einer eigenen PS2 sitzt. Kooperativ die Missionen zu bestreiten macht tatsächlich sehr viel Spaß. Vier Schwierigkeitsgrade und diverse Interaktionsmöglichkeiten wie Absprachen von Angriffsstrategien, das Heilen verwundeter Kameraden oder das Austauschen von Waffen machen Global Storm trotz der diversen Mankos zu einem Multiplayer-Geheimtipp. Auch wenn nur wenige Zocker jemals in den Genuss kommen werden, ist es sehr empfehlenswert, ein Netzwerk mit vier Konsolen aufzubauen und sich ein Wochenende lang mit ein paar Freunden einzuschließen, um alle Missionen zu meistern.


Fühlt sich noch jemand an eine Szene aus dem Mafia-Epos Die Unbestechlichen erinnert?

Grafik:
Die Optik erreicht mit Teil 4 der Reihe eindeutig einen neuen Höhepunkt. Alles wurde überarbeitet und wirkt nun deutlich detaillierter als in den Vorgängern. Flüssigere Animationen, schönere Umgebungen und aufwändigere Charakter-Modelle dürfen diesmal bewundert werden. Das soll aber lediglich bedeuten, dass Global Storm der schönste Conflict-Titel ist, nicht mehr und nicht weniger. Auch wenn die grafische Darbietung insgesamt gelungen ist, hat man oft das Gefühl, eine Low-Budget-Version von Splinter Cell auf dem Bildschirm zu sehen, wenn man in der Verfolgerperspektive zockt. Obwohl an alles gedacht wurde, hebt sich Global Storm in keinem Bereich wirklich deutlich von anderen Third-Person-Games ab. Animationen, Explosionen und Lichteffekte verdienen das Prädikat “nett“.

Sound:
Auch beim Sound gibt es nur wenige Überraschungen. In den Menüs tönen sterile Synthesizer-Klänge aus den Boxen und im eigentlichen Spiel und selbst in den Zwischensequenzen ist Musik eine Seltenheit. Die Soundeffekte sind gelungen und sorgen für eine gute Atmosphäre. Auch die Sprecher können sowohl in der deutschen als auch in der englischen Variante überzeugen.


Ein Tarnfarbenoutfit und eine gute Deckung sind im Dschungelkrieg besonders wichtig.

Versionsvergleich:
Die Unterschiede zur Xbox-Fassung sind minimal. Grafisch merkt man wirklich nur bei genauem Hinschauen kaum erwähnenswerte Vorteile auf Seiten der Microsoft-Konsole. Dass man auf der PS2 auf In-Game-Dolby-Digital und die Nutzung eigener Soundtracks verzichten muss, sorgt im akustischen Bereich allerdings für einen Punkt Abzug.


Coole Posen dienen zur Einschüchterung der Gegner.

Tim meint:

Tim

In vielerlei Hinsicht ist Conflict: Global Storm einer der schwächeren Vertreter des übervölkerten Genres. Mit dem vierten Teil wurde zwar eine ganze Reihe von Verbesserungen vorgenommen, aber leider gibt es noch immer jede Menge Ansatzpunkte für Kritik. Die unpassend wirkende Steuerung und die mittelmäßige künstliche Intelligenz aller Akteure mindern den Reiz der Solo-Missionen stark. Da hilft es wenig, dass die Levels diesmal viel abwechslungsreicher sind als es in den drei Vorgängern der Fall war. Wer sich mit der Tatsache anfreunden kann, dass es sich bei dem Spiel um ein etwas dumpfes Actionspektakel handelt, das sich nur als Taktik-Shooter verkleidet hat, wird durchaus Gefallen an einigen der Missionen finden. Grafik und Sound sind grundsolide, bieten keine Besonderheiten, die diesem Game helfen würden, sich in technischer Hinsicht von der breiten Masse abzusetzen. Wie so häufig sind es auch bei Conflict: Global Storm die Multiplayer-Modi, die das Spiel vor einer mittelmäßigen Bewertung bewahren. Sobald man gemeinsam mit ein paar Freunden über den GameSpy Service oder im LAN auf Terroristenjagd geht, entfällt das umständliche Erteilen von Befehlen per Controller und der Shooter zeigt sich von einer wesentlich spaßigeren Seite.

Userwertung
10 1 Stimmen
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Conflict: Global Storm Daten
Genre Action
Spieleranzahl 1 - 4
Regionalcode -
Auflösung / Hertz 50 / 60 Hz
Onlinefunktion -
Verfügbarkeit 28.09.2005
Vermarkter Eidos
Wertung 7
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