EA Sports Active: Mehr Workouts im Test

Nintendo Wii
Nach Nintendo selbst ist Electronic Arts als eine der ersten Firmen auf den Fitness-Zug aufgesprungen, der gerade mit Volldampf durch die Wii-Welt rast. Mitte 2009 wurde die Werbetrommel für EA Sports Active: Personal Trainer ordentlich gerührt. Doch obwohl Ex-Eisprinzessin Katarina Witt als Fürsprecherin auftrat und dem Spiel skurriles Zubehör beilag, was ja in letzter Zeit immer häufiger ein Garant für gute Verkaufszahlen ist, dürfte das Ausmaß des Erfolges für die Macher eine große Überraschung gewesen sein. Das Paket, bestehend aus Game-Disc, Flex-Band und Beingurt, ging über die Ladentheken wie geschnitten Brot und wurde sogar zum bestverkauften EA-Wii-Spiel aller Zeiten. Da ist es kein Weihnachtswunder, dass ein weiterer Ableger der Serie in Rekordzeit aus dem Boden gestampft wurde und nun passend zum Wintergeschäft in den Läden steht.


Sowas löst bei einigen Menschen bereits große Schmerzen aus...


EA Sports Active: Mehr Workouts
ist kein Update, das wie Wii Fit Plus seinen eigenen Vorgänger beinhaltet. Als echten zweiten Teil kann man es aufgrund der unzähligen Ähnlichkeiten zu EA Sports Active: Personal Trainer aber auch nicht bezeichnen. Im Grunde bekommt man genau das, was auf dem Cover steht, nämlich “mehr Workouts“. Das neue Spiel ist also ein alternativer Einstiegspunkt in ein bereits etabliertes Programm, ähnlich wie jede Episode der endlosen Singstar-Saga. Okay, dass ist ein völlig anderes Genre, aber das Prinzip ist das gleiche und mir fällt kein besserer Vergleich ein, also bitte nicht hauen!

Wurde schon im Erstling ein Profil angelegt, darf dieses samt den dazugehörigen Zielen problemlos weiter verwendet werden. Absolute Neulinge müssen sich aber nicht fürchten, denn ein neuer Charakter ist mit Hilfe des simplen und nicht gerade vor Auswahlmöglichkeiten strotzenden Editors schnell erstellt. Im Anschluss kann man sich mit selbst ausgewählten Übungen vergnügen oder sich an die neue 6-Wochen-Herausforderung wagen, die in drei Niveaustufen zu Verfügung steht und deshalb für Einsteiger und Fortgeschrittene gleichermaßen geeignet ist.


Eines Tages werde ich auch ein eigenes EA Active-Zimmer haben, in dem außer einem Fernseher, einer Konsole und einer Topfpflanze absolut nichts steht.


Wie jeder Vertreter dieses Genres fordert auch EAs neuester Streich ein wenig Eigeninitiative vom Zocker, bevor es losgehen kann. Etwa zwei Quadratmeter Fläche sollten im Zimmer schon frei sein und da diverse Übungen das hemmungslose Herumwälzen auf dem Fußboden voraussetzen, empfiehlt es sich, entweder für einen sauberen Teppich oder eine andere gemütliche Unterlage zu sorgen. Das Fitness-Programm unterstützt neben der Wiimote und dem Nunchuk-Controller auch noch das Balance Board, das aber nicht zwingend erforderlich ist, da sich die entsprechenden Übungen problemlos deaktivieren lassen.
Im Gegensatz zu den beiden Wii Fit Games sind die Produkte der Active-Reihe sehr ernst gemeintes Fitness-Programme, was sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringt. Die 35 unterschiedlichen Aktivitäten machen einen durchdachten Eindruck und beinhalten abwechslungsreiche Übungen für fast alle Körperzonen. Wer sich sonst eher selten bewegt und erstmals eine halbe Stunde auf dem höchsten der drei Schwierigkeitsgrade durchgehalten hat, wird am nächsten Tag auf jeden Fall mit einem ordentlichen Muskelkater aufwachen. Wenn es also nur um die reine Körperertüchtigung geht, hat der neue Titel tatsächlich die Nase vorn und schlägt das aktuelle Nintendo-Produkt knapp. In Sachen Charme und Spielspaß ist Wii Fit Plus allerdings deutlich überlegen.


nach spätestens 20 Wiederholungen wird das Flex-Band ein ernstzunehmender Gegner.


EA Sports Active: Mehr Workouts bietet größtenteils genau das, was auch bei Kursen in Fitness-Studios zu sehen ist. Besonders die vorgefertigten Kombinationen aus mehreren Übungen, die immer von kurzen Aufwärmphasen und Lockerungseinheiten eingerahmt sind, lassen erkennen, dass hier viel Wert auf die Berücksichtigung sportwissenschaftlicher Erkenntnisse gelegt wurde. Natürlich gibt es auch ein paar Mini-Games, die ein wenig in den Spaß-Bereich abdriften. Doch selbst bei Boxen, Wasserski und Squash steht die Wiederholung einzelner Bewegungsabläufe deutlich stärker im Mittelpunkt als schnelle Reaktionen. Obwohl praktisch alle Bemühungen der Wohnzimmersportler protokolliert werden und es Trophäen für gute Leistungen gibt, kommt keine Wettkampfstimmung auf. Das liegt in erster Linie am Fehlen von richtigen Highscore-Listen, die ehrlich gesagt auch deplaziert gewirkt hätten. Auch im zweiten Teil der Serie bleibt der eigene Körper der einzige wirkliche Gegner, den es zu bezwingen gilt. Wer ein zusätzliches Zubehör-Paket gekauft hat, darf sich gleichzeitig mit einem weiteren Fitnessfreund austoben. Das macht tatsächlich mehr Spaß, ist aber dennoch ein völlig anderes Erlebnis als ein klassisches Videospiel mit Multiplayer-Modus.

Die Steuerung ist simpel und funktioniert gut. Wichtig ist lediglich ein wenig Aufmerksamkeit bei den Erklärungen. Weigert sich der virtuelle Stellvertreter standhaft eine Bewegung auszuführen, ist das praktisch immer auf menschliches Versagen zurückzuführen. Weder im Flex-Band noch in der Beinschlaufe, die eine Tasche für den Nunchuk-Controller besitzt, steckt irgendwelche Elektronik. So müssen häufig exakte Bewegungen mit den Standard-Controllern ausgeführt werden, damit sie das Game korrekt interpretieren kann.

Körperertüchtigung ist ein extrem komplexes Thema. Was vor 20 Jahren im Sportunterricht gemacht wurde, gilt heute als veraltet und oft sogar schädlich. Hundert Trainer werden auch hundert unterschiedliche Meinungen dazu haben, was ein gutes Training ist und was neben dem Sport noch beachtet werden sollte. Darum ist es auch leicht, über Programme wie EA Sports Active: Mehr Workouts zu meckern. Obwohl es in Sachen Abwechslung und Anzahl der Aktivitäten dem eigenen Vorgänger überlegen ist, hätte natürlich noch viel mehr getan werden können. Warum können beispielsweise keine Hanteln benutzt werden? Und wieso werde ich beim Erstellen meines Profils nicht gefragt ob und wie viel ich rauche? Dutzende solcher Fragen fallen dem kritischen Konsumenten ein, doch die einzig logische Antwort lautet immer: Man kann es eben nicht allen recht machen. Etwas merkwürdig bleibt allerdings die Tatsache, dass dem eigenen Gewicht kaum Aufmerksamkeit geschenkt wird. Man darf sich zwar täglich wiegen und der Kalorienverbrauch wird entsprechend berechnet, aber eine Reduktion der Kilos wird weder gefordert noch lobend erwähnt. Lediglich die Regelmäßigkeit, Dauer und Intensität der Workouts können als Ziele festgelegt werden. Nett ist, dass es jeden Tag einen optionalen kurzen Fragebogen zum sonstigen Lebensstil gibt. Wer eine Goldmedaille will, sollte sich also auch außerhalb des virtuellen Trainingsgeländes vorbildlich verhalten, sich ein wenig bewegen, viel Obst essen und Fast Food meiden. Dass die Fragen nicht wirklich ins Detail gehen ist verständlich, denn wer hat schon Lust mehr als drei Minuten mit dem Herumklicken in langweiligen Menüs zu verschwenden?
Die Grafik kommt äußerst zweckmäßig daher, was bedeutet, dass auf dem Bildschirm nicht viel zu sehen ist, was von den virtuellen Vorturnern ablenken würde. Das karibische Paradies, das als Kulisse für alle sportlichen Aktivitäten dient, macht tatsächlich einen sehr tristen Eindruck. Minimalistisch animiertes Wasser, einfarbiger Sand und gelegentlich vorbeiflatternde Möwen werden sicherlich keinen Technikfan vom Hocker hauen. Die eigene Spielfigur lässt jegliche interessanten Details vermissen, doch wenigstens die Bewegungsabläufe sind größtenteils flüssig und klar nachvollziehbar. Anscheinend gehört das alles zu einem größeren Plan der Macher, denn selbst die eingeblendeten Videos zur Erklärung von Übungen entpuppen sich bei genauer Betrachtung als qualitativ minderwertig und außer dem eingemeißelten Dauergrinsen der einzigen realen Fitnesslehrerin (Nein, es ist nicht Kati Witt.) gibt es keine interessanten Dinge zu sehen. Man muss allerdings zugeben, dass die mangelhafte optische Darbietung selten so wenig gestört hat, wie in diesem Game, da man ohnehin viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist, um wirklich auf die Umgebung zu achten.


Gemeinsam macht es zwar mehr Spaß, erreicht aber nicht den Fun-Faktor der Nintendo-Konkurrenz-Produkte.


Der Sound schneidet etwas besser ab. Recht kurze, aber dafür erstaunlich viele Instrumentalstücke wurden auf den Datenträger gepackt. Die Stilrichtungen House und moderner R&B geben meistens den Ton an, aber in regelmäßigen Abständen sind auch ein paar rockige Gitarrenriffs zu hören. Falls Beyoncé Knowles zu unserer Leserschaft zählt (wovon ich natürlich ausgehe), möchte ich darauf hinweisen, dass sich einer der EA-Komponisten sehr großzügig bei dem Destiny´s Child Klassiker Survivor bedient hat. Für den Tipp hätte ich gern die Hälfte der Summe, die bei der Millionenklage herausspringt. So wie fast alle Softwareschmieden ignorieren auch die Macher von EA Sports Active die Möglichkeit, auf SD-Karten gespeicherte MP3-Dateien einzubinden. In diesem Fall ist das äußerst schade, denn die meisten Menschen haben nun mal ein paar Lieblingssongs, zu denen sie besonders gern schwitzen. Die deutschsprachigen Anweisungen werden klar und verständlich vorgetragen. Gelegentlich motivieren die Sprecher auch durch aufmunternde Kommentare, was gegen Ende eines längeren Workouts tatsächlich noch ein paar Kraftreserven freisetzen kann.

Tim meint:

Tim

Wer ein nettes Fitness-Programm sucht, das dazu in der Lage ist, die gesamte Familie durch spaßige Herausforderungen vor dem Fernsehgerät zu versammeln, macht einen weiten Bogen um dieses Produkt und greift stattdessen zu Wii Fit oder Wii Fit Plus. Wer allerdings kein Videospiel im eigentlichen Sinn haben möchte, sondern ausschließlich daran interessiert ist, das körperliche Wohlbefinden zu verbessern, wird von EA Sports Active: Mehr Workouts bestens bedient. Auch wenn ich nicht ganz so überzeugt bin wie meine Vorrednerin, was daran liegen mag, dass ich mich eher als klassischen Zocker verstehe, empfehle ich das Game jedem Bewegungsenthusiasten mit einer Wii auf, unter oder neben dem TV-Gerät. 

Positiv

  • Abwechslungsreiches Trainingsprogramm
  • Kann mit oder ohne Balance Board gespielt werden
  • Größerer Umfang als beim Vorgänger

Negativ

  • Keine echten Multiplayer-Duelle
  • Grafisch sehr trist
  • Warum darf ich meinen Rocky-Soundtrack nicht von SD-Karte abspielen?
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EA Sports Active: Mehr Workouts Daten
Genre Sonstiges
Spieleranzahl 1 - 2
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion Ja
Verfügbarkeit 20. November 2009
Vermarkter ElectronicArts
Wertung 7.8
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